Analyse des Urteils STS 42/2025 über das Delikt der Vortäuschung einer Straftat

Geschütztes Rechtsgut

Das Oberste Gericht bekräftigt, dass das geschützte Rechtsgut bei dem Delikt der Vortäuschung einer Straftat die Beeinträchtigung der Rechtspflege ist. In diesem Zusammenhang betont der Strafsenat, dass nur falsche Anzeigen, die gerichtliche Verfahren auslösen, als strafrechtlich relevant angesehen werden können.

Unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung stellt das Urteil fest:
"Das in Artikel 457 StGB unter Strafe gestellte Verhalten beeinträchtigt dieses Rechtsgut, indem es unnötig Ressourcen und Anstrengungen der Strafjustiz bindet und sie zur Untersuchung irrealer Sachverhalte zwingt."

Ausgehend von diesem Grundsatz wird festgelegt, dass falsche Anzeigen, die nicht über die polizeiliche Sphäre hinausgehen und keine gerichtlichen Verfahren nach sich ziehen, nicht unter Artikel 457 StGB fallen. In diesem Zusammenhang hebt das Gericht hervor:
"Anzeigen von Straftaten ohne Zuweisung einer Täterschaft, die dazu bestimmt sind, nicht vor einem Ermittlungsgericht zu erscheinen und daher keine gerichtliche Maßnahme in Bezug auf die falsch gemeldete Tat auslösen können, sind strafrechtlich nicht relevant."

Ausschluss der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für archivierte Anzeigen auf Polizeiebene

Ein zentraler Punkt des Urteils ist die Anwendung von Artikel 284.2 LECrim, der besagt, dass die Polizeibehörden in Fällen ohne identifizierte Täter die Akte aufbewahren können, ohne sie an das Gericht weiterzuleiten, es sei denn, es handelt sich um schwerwiegende Straftaten oder solche, die zusätzliche Maßnahmen erfordern. Im vorliegenden Fall wurde die falsche Anzeige der Angeklagten über den fingierten Diebstahl ihres Fahrzeugs nicht an die Justiz übermittelt, sodass keine Beeinträchtigung der Rechtspflege vorliegt, die für die Anwendung von Artikel 457 StGB erforderlich wäre.

Das Oberste Gericht verweist auf die in der Entscheidung des Plenums 347/2020 vom 25. Juni festgelegte Rechtsauffassung, die bereits entschieden hatte:
"Wenn eine Anzeige auf polizeilicher Ebene für bestimmte Straftaten ohne identifizierte Täter rechtlich dazu bestimmt ist, kein gerichtliches Verfahren einzuleiten, sondern im Verwaltungsarchiv verbleibt, kann eine falsche Anzeige über die Begehung einer Straftat keine gerichtlichen Maßnahmen auslösen."

Auf dieser Grundlage kommt das Oberste Gericht zu dem Schluss:
"Folglich können die in diesem Verfahren untersuchten Handlungen (Anzeige von Straftaten bei der Polizei ohne Zuweisung einer Täterschaft, die aus rechtlichen Gründen nicht an das Ermittlungsgericht weitergeleitet wurden) das durch Artikel 457 StGB geschützte Rechtsgut nicht beeinträchtigen und keine gerichtlichen Maßnahmen gemäß dieser Bestimmung auslösen. Sie sind daher nicht tatbestandsmäßig."

Implikationen der versuchten Vortäuschung einer Straftat

Das Urteil untersucht auch die Möglichkeit, dass das Verhalten als Versuch gewertet werden könnte. Das Oberste Gericht lehnt diese Option jedoch ab, da nach geltender Rechtsprechung ein Versuch nur in den Fällen angenommen werden kann, in denen die Anzeige beinahe zu einem tatsächlichen Gerichtsverfahren geführt hätte, was im vorliegenden Fall nicht gegeben ist.

Das Oberste Gericht stellt klar, dass ein Versuch nur bei Delikten möglich ist, deren Begehung begonnen hat und die ein tatsächliches Schadenspotenzial haben, was nicht der Fall ist, wenn die Anzeige archiviert wurde, ohne gerichtliche Maßnahmen auszulösen. In diesem Sinne stellt das Gericht fest:
"Wenn der Bericht über die fingierte Tat auf polizeilicher Ebene archiviert wurde oder hätte archiviert werden müssen, gemäß Artikel 284.2 LECrim, ist eine Strafverfolgung des Anzeigenden wegen des Delikts nach Artikel 457 StGB weder als vollendete Tat noch als Versuch möglich."

Abgrenzung zu anderen Straftaten: mögliche Begehung von Betrug

Obwohl das Oberste Gericht die Tatbestandsmäßigkeit der Vortäuschung einer Straftat ausschließt, sieht es in den Handlungen der Angeklagten jedoch den Versuch eines Betrugsdelikts. Die Angeklagten meldeten fälschlicherweise den Diebstahl ihres Fahrzeugs, um ihre Versicherung zu betrügen, was in die typische Struktur des Betrugsdelikts gemäß den Artikeln 248 und 249 StGB fällt.

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Vortäuschung einer Straftat in diesem Fall zwar nicht strafbar ist, der Betrugsversuch jedoch schon:
"Die hier untersuchte Vortäuschung einer Straftat hatte das endgültige Ziel, eine betrügerische Versicherungsentschädigung zu erlangen. Folglich ist die Verurteilung der Angeklagten als Täter eines versuchten Betrugsdelikts gerechtfertigt."

Fazit

Das Urteil STS 42/2025 bestätigt die Rechtsprechung des Obersten Gerichts zur Vortäuschung einer Straftat und betont, dass das geschützte Rechtsgut die Rechtspflege ist und dass daher nur falsche Anzeigen, die gerichtliche Maßnahmen auslösen, strafrechtlich verfolgt werden können. Anzeigen, die auf polizeilicher Ebene archiviert werden, ohne dass eine gerichtliche Intervention erfolgt, fallen nicht unter Artikel 457 StGB.

Diese Entscheidung ist bedeutsam, da sie die Grenzen des Delikts der Vortäuschung einer Straftat und dessen Verhältnis zur strafprozessualen Regelung in Artikel 284.2 LECrim klärt. Zudem wird die Notwendigkeit betont, zwischen der Vortäuschung einer Straftat und anderen verwandten Delikten wie Betrug zu unterscheiden, um sicherzustellen, dass betrügerisches Verhalten nicht straffrei bleibt, sondern nach dem angemessenen Straftatbestand geahndet wird.

Letztlich legt das Oberste Gericht den Anwendungsbereich des Delikts der Vortäuschung einer Straftat klar fest und schafft eindeutige Kriterien für dessen Anwendung. Es festigt eine Rechtsprechung, die eine ausufernde Auslegung von Artikel 457 StGB verhindert und dessen Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Gesetzlichkeit und Tatbestandsmäßigkeit im Strafrecht gewährleistet.