Das Urteil befasst sich mit der Berufung einer Bürgerin, die eine Verletzung des Rechts auf ein Verfahren ohne unangemessene Verzögerung gemäß Artikel 24 Absatz 2 der spanischen Verfassung geltend machte. Die Verzögerung ihrer Verhandlung, die für dreieinhalb Jahre nach Zulassung der Klage angesetzt war, wurde mit strukturellen Gründen des Justizsystems begründet. Die Klage umfasste auch einen Antrag auf Entschädigung für den durch die Verzögerung entstandenen Schaden.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts erkennt nicht nur die Verletzung des Grundrechts an, sondern legt auch ein klares Kriterium für die Möglichkeit fest, in Anwendung von Artikel 121 der spanischen Verfassung vom Staat eine Entschädigung für das anormale Funktionieren des Justizsystems zu verlangen.
Der Gerichtshof kommt nach Prüfung des Sachverhalts und der bisherigen Rechtsprechung zu dem Schluss, dass die Verzögerung von mehr als drei Jahren übermäßig und ungerechtfertigt ist, selbst wenn man die strukturellen Schwierigkeiten berücksichtigt. Der Gerichtshof weist darauf hin, dass „die Verzögerung von mehr als drei Jahren im Vergleich zu dem, was in der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung festgelegt ist, und zu den durchschnittlichen Bearbeitungszeiten gleichartiger Fälle durch die Sozialgerichte in ganz Spanien übermäßig lang ist, selbst wenn man die Auswirkungen der kumulierten Verzögerungen aufgrund der Situation infolge der COVID-19-Pandemie berücksichtigt“.
Der Gerichtshof betont, dass die strukturellen Mängel des Justizsystems die Verletzung der Grundrechte nicht entschuldigen, wie in der gefestigten Rechtsprechung festgestellt und in diesem Urteil zum Ausdruck gebracht wurde: „Die Tatsache, dass die beanstandete Verzögerung auf strukturelle Gründe zurückzuführen ist, die nicht unmittelbar dem Justizorgan zuzuschreiben sind, steht einer Beurteilung der Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf ein Verfahren ohne ungebührliche Verzögerung nicht entgegen, da diese Situation nichts an ihrem ungerechtfertigten Charakter ändert, soweit der Bürger diesen Umständen fremd ist.“
Der Gerichtshof stellt eine Verbindung zwischen dieser Verletzung und Artikel 121 EG her, der dem Staat die Verpflichtung auferlegt, für Schäden aufzukommen, die durch Justizirrtümer oder durch das nicht ordnungsgemäße Funktionieren der Justizverwaltung entstanden sind: „Die Verletzung des Rechts auf ein Verfahren ohne ungebührliche Verzögerung begründet im Auftrag der Verfassung, wenn sie nicht auf andere Weise behoben werden kann, einen Anspruch auf Ersatz des durch diese Verletzung entstandenen Schadens“.
Darüber hinaus untermauert er dieses Argument mit einem Zitat aus dem STC 36/1984: „Das verfassungsmäßig garantierte Recht ist kein leeres Recht und seine Verletzung kann nicht auf rein symbolische Weise behoben werden [...]. Die unangemessene Verzögerung ist die typische Voraussetzung für ein nicht ordnungsgemäßes Funktionieren der Rechtspflege“.
Grenzen des Rechtsmittels Amparo: Der Gerichtshof erklärt, dass das Rechtsmittel Amparo bei strukturellen Verzögerungen nur begrenzte Wirkung hat, da es die Tagesordnung der Gerichte nicht unmittelbar ändern kann. In dem Urteil heißt es dazu: „Die Gewährung von Amparo sollte nicht die Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidungen oder Maßnahmen im Zusammenhang mit der Vorverlegung der mündlichen Verhandlung umfassen, da dies angesichts des strukturellen Charakters der angeführten Verzögerungen die Lage der nicht klagenden Dritten verschlechtern könnte.“
Wiedergutmachung durch Entschädigung: Der Gerichtshof betont, dass das Recht auf Entschädigung keine symbolische Maßnahme ist, sondern ein reales und wirksames Mittel, um den entstandenen Schaden zu beheben: „Die begrenzten Auswirkungen der Urteile dieses Gerichtshofs auf die Behebung der Verletzung des Grundrechts, keine unangemessenen Verzögerungen zu erleiden, können durch eine entsprechende Entschädigung für ein anormales Funktionieren der Rechtspflege ausgeglichen werden.“
Übereinstimmung mit Artikel 121 EG: Der Gerichtshof erinnert daran, dass die Verantwortung des Staates ein verfassungsrechtlicher Auftrag ist, dessen Regelung dem Gesetz entspricht, dessen Anerkennung aber unmittelbar erfolgt, wenn der Schaden nachgewiesen ist. „Das Gesetz kann den Umfang eines solchen Rechts und das Verfahren zu seiner Geltendmachung regeln, aber seine Existenz selbst ergibt sich aus der Verfassung und muss von uns erklärt werden.“
Für die Bürger: Das Urteil stärkt die Möglichkeit der Bürger, eine finanzielle Entschädigung zu verlangen, wenn ihnen durch unangemessene Verzögerungen ein Schaden entstanden ist. Dies ist besonders wichtig in Fällen, in denen Verzögerungen wirtschaftliche oder wesentliche Rechte beeinträchtigen, wie etwa den Zugang zu Sozialleistungen.
Für das Justizsystem: Die Öffnung dieses Weges kann zu einer Zunahme der Geldforderungen führen und Druck auf das Justizsystem ausüben, strukturelle Verbesserungen vorzunehmen. Die Möglichkeit massiver Schiedssprüche könnte ein Anreiz sein, die Verwaltung und Zuweisung von Ressourcen zu reformieren.
Für die Verwaltung: Die Anerkennung einer Entschädigung für unangemessene Verzögerungen stellt eine potenzielle finanzielle Belastung für den Staat dar, der den Schaden bewerten und klare Mechanismen für die Berechnung und Gewährung der Entschädigung festlegen muss.
Das Urteil steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der darauf besteht, dass Staaten das Recht auf ein Gerichtsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist unabhängig von den strukturellen Ursachen garantieren müssen. In Fällen wie Unión Alimentaria Sanders gegen Spanien (1989) stellte der EGMR fest, dass „der strukturelle Charakter der Verzögerungen den Staat nicht von seiner Verantwortung entbindet, die Einhaltung der in Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegten angemessenen Fristen sicherzustellen“.
Das Urteil bekräftigt eine vom Verfassungsgerichtshof gefestigte Rechtsprechung, führt jedoch eine wichtige Nuance ein, indem es die Entschädigung als konkrete Maßnahme zur Wiedergutmachung des Schadens hervorhebt, die über die deklaratorische Wirkung des Amparo hinausgeht.
Das Urteil des Verfassungsgerichts stellt einen bedeutenden Fortschritt für den Schutz der Grundrechte dar, da es den Bürgern die Möglichkeit einräumt, vom Staat eine Entschädigung für unangemessene Verzögerungen in Gerichtsverfahren zu verlangen. Das Urteil bekräftigt, dass strukturelle Mängel im Justizsystem, wie Arbeitsüberlastung und Ressourcenmangel, keine Verletzung des durch Artikel 24 Absatz 2 der Verfassung geschützten Rechts auf ein Verfahren ohne ungebührliche Verzögerung rechtfertigen.
Darüber hinaus bekräftigt der Gerichtshof den praktischen und effektiven Charakter der Grundrechte, indem er feststellt, dass unangemessene Verzögerungen eine Anomalie in der Justiz darstellen, die den Staat gemäß Artikel 121 EG dazu verpflichtet, den entstandenen Schaden durch eine finanzielle Entschädigung zu ersetzen. Diese Maßnahme bietet den Betroffenen nicht nur eine individuelle Wiedergutmachung, sondern übt auch Druck auf das Justizsystem und die Verwaltung aus, die strukturellen Probleme anzugehen, die zu diesen Verzögerungen führen.
Die Entscheidung stellt ein notwendiges Gleichgewicht zwischen der Gewährleistung individueller Rechte und der strukturellen Realität des Justizsystems her, ohne den Staat von seiner Verantwortung zu entbinden. Dieses Urteil schützt nicht nur die Rechte der Bürger, sondern regt auch zu Reformen an, um die Effizienz der Justiz zu verbessern, was einen wichtigen Schritt zur Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit und des Vertrauens in die Institutionen darstellt.