Am 30. Januar 2025 ordnete das Ermittlungsgericht die vorläufige Untersuchungshaft unserer Mandantin ohne Kaution an, da es ein hohes Flucht-, Wiederholungs- und Beweisvernichtungsrisiko sah.
Die Mutter verschwand mit der Minderjährigen zu dem Zeitpunkt, als sie sie dem Vater übergeben sollte, was zur sofortigen Festnahme der Großmutter führte. Diese hatte das vorläufige Sorgerecht inne und wurde verdächtigt, an einer Kindesentziehung sowie an der Verletzung familiärer Pflichten beteiligt gewesen zu sein.
Laut dem Beschluss basierte das angenommene Risiko auf mehreren Umständen: Die Beschuldigte war über den Plan der Mutter informiert, die Parteien unter dem Vorwand eines Arzttermins zusammenzubringen und so die Entziehung der Minderjährigen zu erleichtern. Sie hatte bereits an einer früheren Entziehung mitgewirkt, indem sie ihrer Tochter Unterkunft gewährte. Zudem kooperierte sie weder bei ihrer Festnahme noch bei ihrer Vorführung vor Gericht. Aufgrund ihrer ausländischen Herkunft verfügte sie über Kontakte in anderen Ländern, und die untersuchten Taten waren schwerwiegend, ebenso wie die drohende Strafe.
Die Verteidigung, vertreten durch FukuroLegal, legte jedoch Berufung gegen die Entscheidung ein und führte folgende Argumente an:
Es wurde geltend gemacht, dass die verhängte Untersuchungshaft unverhältnismäßig und im Widerspruch zum Grundsatz der minimalen strafrechtlichen Intervention stehe, da keine hinreichenden Indizien vorlägen, die eine Freiheitsentziehung rechtfertigten. Es wurde betont, dass Untersuchungshaft eine außergewöhnliche Maßnahme sein müsse und in diesem Fall die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Das angebliche Fluchtrisiko wurde bestritten, da die Beschuldigte seit Jahren in Spanien mit festem Wohnsitz lebe und keine Fluchtversuche unternommen habe. Sie wurde in ihrer Wohnung angetroffen, ohne sich zu verstecken, was jegliche Vermutung einer Fluchtabsicht widerlege. Zudem wurde argumentiert, dass ihr hohes Alter und ihr Gesundheitszustand es unwahrscheinlich machten, dass sie sich der Justiz entziehen könnte. Auch wurde betont, dass die Absicht ihrer Tochter, in ein Land ohne Rechtshilfeabkommen auszuwandern, nicht automatisch auf die Beschuldigte übertragen werden könne, da keine Hinweise vorlägen, dass sie diese Absicht teilte.
Hinsichtlich der Gefahr einer Wiederholungstat wurde argumentiert, dass sich die Minderjährige bereits an einem unbekannten Ort befinde, sodass es objektiv unmöglich sei, dass die Beschuldigte erneut in die ihr vorgeworfene Handlung verwickelt werde. Ebenso fehlten Anhaltspunkte dafür, dass sie an einer weiteren Verschleierung mitwirken könnte, da es sich um eine einmalige und außergewöhnliche Situation handelte. Zudem könne die angenommene Schwere der Tat nicht allein als Begründung für das Risiko einer Wiederholungstat herangezogen werden, ohne zusätzliche Beweise dafür zu erbringen.
Bezüglich der Gefahr der Beweisvernichtung wurde vorgebracht, dass alle relevanten Beweise bereits von der Polizei gesichert worden seien, einschließlich Durchsuchungen und der Auswertung elektronischer Geräte. Daher sei die Befürchtung, dass die Beschuldigte Beweise verändern oder vernichten könnte, unbegründet. Es wurde betont, dass Untersuchungshaft nicht als Mittel zur Beweissicherung oder als Druckmittel zur Kooperation mit der Justiz missbraucht werden dürfe, da dies ihre Grundrechte verletzen würde.
Schließlich wurden weniger einschneidende Maßnahmen vorgeschlagen, wie das Verbot, Spanien zu verlassen, die Abgabe des Reisepasses und die Verpflichtung, regelmäßig vor Gericht zu erscheinen – Maßnahmen, die das ordnungsgemäße Verfahren ohne Freiheitsentzug sicherstellen würden.
Nach Prüfung der Argumente gab das Provinzgericht Huesca der Berufung statt und entschied, die Untersuchungshaft aufzuheben. Stattdessen wurden weniger restriktive Maßnahmen angeordnet. Diese Entscheidung basierte auf mehreren wesentlichen Erwägungen:
Erstens erkannte das Gericht an, dass Untersuchungshaft zwar dem Schutz vor neuen Straftaten dienen könne, jedoch nicht als Druckmittel zur Erzwingung einer Kooperation der Beschuldigten missbraucht werden dürfe. Dies bezog sich auf ihre Weigerung, Angaben zum Aufenthaltsort ihrer Tochter und Enkelin zu machen. Das Gericht erinnerte daran, dass das Recht, die Aussage zu verweigern, eine grundlegende Garantie sei und nicht zu ihrem Nachteil ausgelegt werden dürfe.
Zweitens stellte das Gericht fest, dass das Fluchtrisiko nicht ausreichend belegt sei. Die Beschuldigte habe einen starken sozialen und familiären Bezug in der Region, wo sie seit Jahren mit festen Wohnsitzen in zwei Ortschaften lebe. Nach dem Verschwinden der Minderjährigen habe sie keinerlei Anzeichen einer Fluchtabsicht gezeigt, da sie von den Behörden zu Hause angetroffen wurde. Die Schwere der Tat allein könne nicht als ausschlaggebendes Kriterium für ein Fluchtrisiko dienen; vielmehr müssten auch persönliche Umstände berücksichtigt werden. Dies führte das Gericht zu der Schlussfolgerung, dass kein relevantes Fluchtrisiko vorliege, das eine Untersuchungshaft rechtfertige.
Schließlich betonte das Gericht, dass es weniger einschneidende Maßnahmen gebe, die denselben Zweck der Sicherstellung der Anwesenheit der Beschuldigten im Verfahren erfüllen könnten. Dazu zählen regelmäßige Meldungen bei Gericht, das Verbot, das Land zu verlassen, sowie die Verpflichtung, Änderungen des Wohnsitzes oder der Telefonnummer mitzuteilen. Diese Maßnahmen seien ausreichend, um eine Flucht zu verhindern, ohne dass eine Untersuchungshaft erforderlich sei.
Daher ordnete das Gericht die Freilassung der Beschuldigten unter folgenden Auflagen an: Verbot, Spanien zu verlassen, Abgabe des Reisepasses, verpflichtende Meldungen am 1. und 15. jedes Monats vor dem Ermittlungsgericht sowie die Mitteilung jeglicher Änderungen ihrer Wohnadresse oder Telefonnummer.
Diese Entscheidung bestätigt nicht nur den Ausnahmecharakter der Untersuchungshaft, sondern unterstreicht auch die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit bei der Anordnung strafprozessualer Maßnahmen.
Bei FukuroLegal begrüßen wir diese Entscheidung, da sie das Grundrecht auf Freiheit unserer Mandantin schützt und den übermäßigen Einsatz der Untersuchungshaft in Fällen verhindert, in denen sie nicht hinreichend gerechtfertigt ist. Die Entscheidung des Provinzgerichts Huesca stärkt somit den Schutz der Grundrechte im Strafverfahren.